Spielwarenhersteller setzen 2021 auf Digitalisierung aber auch auf den Fachhandel

Die Spielwarenindustrie zeigt sich nach einem Rekordjahr für den deutschen Spielwarenmarkt mit einem Umsatzplus von rund 9 Prozent verhalten optimistisch hinsichtlich der Erwartungen für 2021. Kopfzerbrechen bereiten ihr vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den stationären Spielwarenfachhandel, der mit der zweiten Infektionswelle und dem erneuten Lockdown in existenzielle Nöte geraten könnte. Eine weitere Herausforderung bleiben intakte, funktionierende Lieferketten. Für das Gros der Hersteller steht deshalb die Forcierung der Digitalisierung und des Vertriebs (Web-Shops), die Unterstützung des Fachhandels und die Steigerung der Resilienz entlang der Supply Chain ganz oben auf der Agenda. Das sind die zentralen Ergebnisse der 3. DVSI Corona-Umfrage unter Spielwarenherstellern von Mitte Januar.

Die Corona-Pandemie hat auch in der erfolgsverwöhnten Spielwarenbranche ihre psychologischen Spuren hinterlassen. Sie ist damit ein Spiegelbild der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ging die deutsche Wirtschaft noch im 3. Quartal von einer Erholung in 2021 aus, trat wenige Monate später Ernüchterung ein. So zeigte sich die Mehrheit der Befragten bei der ersten DVSI Corona-Umfrage von März 2020 noch optimistisch über den weiteren Geschäftsverlauf, erwarten 10 Monate später 50 Prozent der Befragten leichte bis starke negative Effekte – trotz eines zurückliegenden Boomjahres. 

Die Verschiebung der Spielwarenmesse wegen Corona in den Sommer dürfte ebenfalls für eine Eintrübung gesorgt haben. 44 Prozent der Hersteller erwarten dadurch leichte bis starke negative Effekte. Vor allem Anbieter aus der Mehrbranchengruppe (80 Prozent) und Holzspielwaren/Kunsthandwerk (60 Prozent) glauben das. „Die Ergebnisse sind keine Überraschung“, sagt DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil. „Gerade die Anbieter von Holzspielwaren und Trendartikeln brauchen Präsenzmessen. Sie sind zudem stärker auf den stationären Handel angewiesen als große Marken, die besonders vom Online-Boom profitieren konnten. Der erneute Lockdown und die Unwägbarkeiten, wie sich die europäischen Märkte für die Hersteller entwickeln, dürften zusätzlich die Stimmung eingetrübt haben.“ Besonders zuversichtlich blicken die Warengruppen Modelleisenbahn/Zubehör (61 Prozent), Modellbau & Hobby (60 Prozent) und Games/Puzzles/Lernen (54 Prozent) nach vorne, die bereits im abgelaufenen Jahr mit ihren Beschäftigungsangeboten zu den Markttreibern zählten. So konnte allein der Bereich Games/Puzzles 2020 um 21 Prozent zulegen.

Die Pandemie wird nachhaltige Spuren in der Handelslandschaft hinterlassen. Davon zeigen sich die Spielwarenhersteller überzeugt. Sie reagieren mit einer Doppelstrategie auf das veränderte Konsumverhalten der Deutschen. So glauben nur 7 Prozent der Befragten, dass die Kunden wieder voll und ganz in den stationären Spielwarenhandel zurückkehren, 54 Prozent aber, dass das nur teilweise gelingt. 

Folgerichtig steht für 65 Prozent der Ausbau des Vertriebs über eigene Webshop-Lösungen und die Nutzung von Social Media (61 Prozent) ganz oben auf der Agenda. Dennoch, die Spielwarenhersteller wissen um die Bedeutung des stationären Spielwarenfachhandels als Schaufenster und Erlebnisort für die Kunden. 50 Prozent wollen auch in diesem Jahr gezielt diesen Vertriebskanal unterstützen, wie sie es bereits im ersten Lockdown durch diverse Maßnahmen praktiziert haben. Darüber hinaus erwarten die Spielwarenhersteller mehr Unterstützung durch die Politik. Hier sehen 70 Prozent der Befragten erheblichen Nachbesserungsbedarf, vor allem was die Unterstützungsmaßnahmen anbelangt. „Das könnte u.a. auch ein Indiz dafür sein“, sagt Ulrich Brobeil, „dass unsere Mitglieder genau wissen, welche besonderen Lasten der stationäre Spielwarenhandel gegenwärtig zu tragen hat.“

Die Pandemie hat auch Einfluss auf das Thema Nachhaltigkeit. Zeigten sich im Oktober 2019 fast zwei Drittel bei der Umfrage zum jährlichen DVSI Index davon überzeugt, dass ökologische Nachhaltigkeit ein Thema mit hoher wirtschaftlicher Relevanz für die Spielwarenindustrie geworden ist, hat es aktuell etwas an Bedeutung verloren. Gleichwohl, 17 Prozent glauben, dass die Pandemie sogar ein Treiber für mehr ökologische Nachhaltigkeit sein kann. „Natürlich stehen aktuell wirtschaftliche Aspekte im Fokus der Hersteller“, sagt Ulrich Brobeil, „aber die Daten zeigen, dass ökologische Nachhaltigkeit uns in den nächsten Jahren weiter begleiten wird.“ 2020 war ein schwieriges Jahr für neue Lizenzthemen, weil diverse Kinofilme verschoben wurden oder ins Netz abwanderten. „Davon profitieren zwar die Klassiker“, so Ulrich Brobeil weiter, „aber die Spielwarenbranche, in der rund 20 Prozent des Umsatzes mit Lizenzthemen generiert wird, lebt auch von neuen Blockbustern oder der Einführung von neuen Charakteren.“ Auch die Flaute im Kino trägt nicht zur Stimmungsaufhellung bei. 

Auf ein fulminantes Jahr 2020 blickt die Warengruppe Games/Puzzles zurück. Einzelne Hersteller verzeichneten sogar eine Umsatzsteigerung von bis zu 40 Prozent. Die positive Entwicklung dürfte sich auch 2021 fortsetzen, wie die DVSI-Umfrage nahelegt. „Ich bin allerdings ein wenig überrascht“, sagt Ulrich Brobeil, „welchen Aufschwung gerade die Puzzles genommen haben. Offensichtlich ist es den Herstellern nicht nur gelungen, durch attraktive Motive die Anhänger des Hobbys zu überzeugen, sondern auch mit neuen Story-Puzzles weitere Zielgruppen anzusprechen.“ Storytelling ist also auch beim Puzzle angekommen. Die Fans dieser Freizeitbeschäftigung dürfen sich jedenfalls auf den 29. Januar freuen. Dann ist Internationaler Puzzletag.